Das war die Vernissage mit Heidrun Pfalzgraf, Helmut Stein und vielen anderen.
Ganz kurz: Heidrun Pfalzgraf, stammt aus dem Badischen, lebt und arbeitet in Celle und auf Fehmarn.
Was sagt das schon? Man muss sie erlebt haben.
Stellen Sie sich vor:
Sie wären mit Heidrun Pfalzgraf zum Essen verabredet – in Italien oder Frankreich, zu den Zeiten, als das Finanzamt noch keine ausgedruckten Quittungen verlangte. Der Ober oder Garçon oder Cameriere legt eine blütenweiße Papierbahn auf den Tisch und eilt, die Bestellung auszuführen. Zum Dessert findet er dann keinen Platz mehr zum Servieren – Heidrun Pfalzgraf hat zwischenzeitlich mit großem Schwung das ganze Papier mit einem der großen Umrisse und den feingliedrigen, umfangreichen Inhalten bemalt oder gezeichnet. Kein Platz mehr für Crême Brulée – und auch nicht für die Rechnung, die der Patron mit dem großen schwarzen Stift auf das Papier schreiben wollte.
Lachen Sie nicht.
Ihr Mann versicherte glaubhaft auf der Vernissage, daß jedes Frühstuck mit ihr so ablaufen würde.
Viele kleine bunte Einzelheiten, Skizzen rund um Brotkrümel und Kaffeespritzer. Sie scheint immer im Dienst zu sein. Das Pastöse eines deutschen Malermeisters liegt ihr fern, sie erzählt viele kleine Geschichten innerhalb eines großzügigen Rahmens. Den macht sie zuerst, dann lässt sie ihre Phantasie und ihre Pinsel in immer kleinere Abschnitte, in immer winzigere Details schweifen. Da fängt es an, richtig lebendig zu werden. Eine ängstliche Hausfrau würde jetzt die Telefonnummer des Kammerjägers heraussuchen.
Man muß nur ganz nahe herangehen, dann wird man sich darin verlieren können.
Ein Ausschnitt (rechts von links) ist auch ein Bild!
Vergleichen wir es mit einer größeren Damenhandtasche – man weiß, es ist alles drin, aber ein Gentleman könnte es auch durch stundenlanges Suchen nicht finden.
Aber eine wahre Dame wie Heidrun Pfalzgraf schaut nicht hinein, sondern erfühlt es – und schon steht es vor dem Auge des Betrachters.
Und dann erkennt man auch den großen Zusammenhang, ganz subjektiv: ein Familienleben, das Innere eines Hauses,
Lampionblüten eines Blumengestecks, Straßenszenen einer Großstadt mit einem überfahrenen Fußgänger?
Darf man hinter der Künstlerin einen großen Vogel mit einer Handtasche vermuten?
Die Phantasie darf Kringel drehen!
Und plötzlich sieht man einen Fisch mit Qualle (oder hat die Wasserleiche hier ein Schwein auf dem Arm?) und schämt sich für seine Phantasien.
Aber dann, wenn sie ein eigenes Bild fotografiert, freut man sich über den offensichtlichen Dialog zweier Handys. Keine Widerworte!
Die Schwarz-Weiß-Tusch-Zeichnungen, wunderbar reduziert, mehr graphisch, aber immer noch farbenfroh, zeigen eine weitere Sparte ihrer Techniken.
Naturbilder, nein, die malt sie eher nicht.
Für’s Direkte wären eher die kleinen Statuetten da, die sie aus Trouvées zusammengefügt hat.
Der hier sehen unten böse aus, weil der Pflasterstein sicher von einer Mai-Demo stammt oder von den Osterinseln..
Der Aufsatz entschärft die Botschaft. Kein wirklicher Handschmeichler (verlockt aber dazu), er erinnert eher an einen lächelnden Kampfhund, der sich übers Streicheln freut. Hervorragend geeignet als Briefbeschwerer für böse Briefe aus Berlin.
Auch der edelrostige Liegestuhl verdient eine nähere Ansicht. ein weiches Fellchen zum Rost ist schon ein wohltuender Gegensatz.
Oder der hier: unten ein Vulkan aus Speckstein, der oben gerade ausbricht.
Die Verkleidung einer Braut, mit Jägerhut? Ein Zyklop aus der Papierfabrik?
Alle Assoziationen sind erlaubt, dazu ist man ja gezwungen, wenn keine Titel vorgegeben sind. Heidrun Pfalzgraf wird sich bei der Finissage hoffentlich darüber freuen.
Sie weiß sowieso mehr als wir.
Finissage mit Anwesenheit von Heidrun Pfalzgraf: Am Kultursonntag Hilden, 5. November ab 12:00 bis 18:00
QQTec Galerie (alle Räume von QQTec ab 11:00 geöffnet)!
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Fotos und Text © mikkosch