Lous Dassen ist zurück – 07.11.2021, 16:00 Uhr

Zwar am Rande der Partymeilen, aber gefühlt mitten drin: Eine Kneipe namens Dr. Jazz. In ihr treten nahezu täglich unterschiedliche Bands mit einer eindeutigen musikalischen Botschaft auf: reiner Jazz und sonst nichts wird den verzückt lauschenden Patienten der so ganz und gar unmedizinischen Praxis vorgespielt. Und immer wieder greift die Wirtin selbst zum Mikro, singt mit dieser unvergleichlichen Stimme – und ist die Seele des Betriebes: Lous Dassen, sozusagen Frau Dr. Jazz. Damals, zu den Anfängen, vor fast 50 Jahren, beginnen für sie bewegte Jahre – aufregend, nie langweilig, erfolgreich, aber auch mit spektakulären Brüchen.

Das war allerdings so nicht geplant. Denn die junge Holländerin namens Lous aus der Gegend von Eindhoven kommt 1967 mit anderen Plänen nach Deutschland und an den Rhein. Alles mögliche macht sie doch der Abend gehört den Freunden und der Altstadt. Dort entdeckt sie in der Mertensgasse das „Em Pöözke“, und hört die Musik, die sie schon immer geliebt hat: Jazz.

Sie lernt einen Gastronomen kennen, der ihr anbietet, mit ihm zusammen doch eine Kneipe zu führen. Die hat er auch bald an der Hand: Red Garter heißt das Lokal an der Rheinstraße, direkt neben dem Uerigen. Übersetzt: Rotes Strumpfband. Auf einer Fahne, die am Haus hängt, steht „Dr. Jazz“ – weil drinnen der pure Jazz gespielt wird und die Menschen zur Musiktherapie der besonderen Art bittet. Bald sprechen die Gäste nur noch vom Dr. Jazz – und meinen diese Kneipe. Lous macht mit.

In den folgenden Jahren prägt der Dr. Jazz ihr Leben, beschäftigt sie jede Minute. Sie organisiert die Bands, sucht Musik aus, reist durch die Länder, um sie sich anzuhören und dann – immer aus dem Bauch heraus – zu entscheiden. Offenbar liegt sie meistens richtig, denn unter den Fans ist Dr. Jazz sehr schnell eine Art Wallfahrtsort, dessen Namen man ehrfurchtsvoll raunt, wenn von dieser Musik die Rede ist.

Ein Gast findet, zu einem Dr. Jazz gehöre auch ein passendes Schild und lässt eines aus weißer Emaille herstellen – wie es sich für einen richtigen Mediziner gehört. Da steht in großen schwarzen Buchstaben der Name, darunter die Sprechzeiten – meist hat man bis ein Uhr nachts geöffnet, oft wird es deutlich später. Das Schild führt aber auch zu Missverständnissen: Ausländische Touristen, die ein Wehwehchen behandeln lassen wollen, kommen herein und fragen nach dem Arzt. Dass Frau Dr. Jazz nicht helfen kann, führt dann schon mal zu irritierten Gesichtern. Immer wieder muss das Schild erneuert werden: Allzu anhängliche Fans montieren es mehrmals ab und schleppen es als Souvenir nach Hause.

Doch Lous Dassen hat am Ende Pech gehabt. Ihr Lokal (über dem sie auch Jahre lang gewohnt hat) an der Rheinstraße gibt sie seinerzeit auf, als der Eigentümer plötzlich sehr viel mehr Miete haben will. Dass ihr außer Erinnerungen nichts geblieben ist von diesen vielen Jahren im Dr. Jazz oder in zahllosen anderen Kneipen, in denen sie aufgetreten ist, verbittert sie dennoch nicht.

Das kann an ihrem bewegten Leben liegen: Lous trat mit und neben Mr. Acker Bilk, dem Pasadena Roof Orchestra, Charly Antolini, Oscar Klein, Romano Mussolini, Ken Colyer, Monty Sunshine, Bob Haggat, Marty Grosz und nahezu allen internationalen Jazz-Größen auf. Ebenso mit der Bigband von Paul Kuhn, Willy Ketzer, Hugo Strasser, Bill Ramsey, Donna Hightower, Nancy Wilson, Tony Christie, Howard Carpendale und Heidi Brühl. Neben Gastspielauftritten war sie mit ihrer eigenen Band „Lous & The Groovies“ ebenso unterwegs wie als Leadsängerin des Orchesters „Five & Six“.

Gelernt hat sie den Gesang oder das Klavierspiel übrigens nie, aber die Musik liegt der Familie offenbar in den Genen: Mutter, Vater, Geschwister und Onkel waren im Jazz zu Hause, seit ihrer Kindheit lebt sie mit dieser Musik.

Ein Lieblingsinstrument? Ganz klar, das Saxophon. Beim sehr individuellen Sound bestimmter Saxophonisten bekommt sie eine Gänsehaut. Und was mag sie gar nicht? Modern Jazz, sagt Lous, damit könne sie nichts anfangen. Sie brenne für den alten, den echten Jazz.

Am 7.11.2021 ab 16 Uhr, kann man sich davon überzeugen, wenn Frau Dr. Jazz ihren Ruhestand unterbricht und bei QQTec in Hilden mit guten Freunden wieder auf der Bühne steht.

Neben Uwe Rössler, Jochen Schaal und Micki Claudi (D) sind die Niederländer Antoine Trommelen und sein Sohn Tijn die begleitenden Stars der Sängerin. Antoine Trommelen ist Autodidakt und genießt in der Welt von Dixieland, Swing und Mainstream-Jazz hohes Ansehen. Tijn ist längst aus dem Schatten des Vaters herausgetreten und spielt viele eigene Konzerte.

Besetzung:
Lous Dassen, voc
Antoine Trommelen, sax
Tijn Trommelen, g
Uwe Rössler, p
Jochen Schaal, b
Micki Claudi, dr

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